pDem1.12-17 Protkoll zum 24.07.22
Zeit: 10:00 – 12:00 Uhr - Ort: online
anwesend: Caren, Holger Friedrich
Übersetzung:
[12] εἰ δὲ προησόμεθ᾽, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, καὶ τούτους τοὺς ἀνθρώπους, εἶτ᾽ Ὄλυνθον ἐκεῖνος καταστρέψεται, φρασάτω τις ἐμοὶ τί τὸ κωλῦον ἔτ᾽ αὐτὸν ἔσται βαδίζειν ὅποι βούλεται. ἆρα λογίζεταί τις ὑμῶν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, καὶ θεωρεῖ τὸν τρόπον δι᾽ ὃν μέγας γέγονεν ἀσθενὴς ὢν τὸ κατ᾽ ἀρχὰς Φίλιππος; τὸ πρῶτον Ἀμφίπολιν λαβών, μετὰ ταῦτα Πύδναν, πάλιν Ποτείδαιαν, Μεθώνην αὖθις, εἶτα Θετταλίας ἐπέβη· | Wenn wir aber, o Athener, auch diese Menschen im Stich lassen werden und wenn jener Olynth sich unterwerfen wird, Bedenkt und betrachtet denn einer von euch, Athener, °° weiter Methone genommen hatte, rückte er auch noch nach Thessalien vor; … |
[13] μετὰ ταῦτα Φεράς, Παγασάς, Μαγνησίαν[1] πάνθ᾽ ὃν ἐβούλετ᾽ εὐτρεπίσας τρόπον ᾤχετ᾽ εἰς Θρᾴκην· εἶτ᾽ ἐκεῖ τοὺς μὲν ἐκβαλὼν τοὺς δὲ καταστήσας τῶν βασιλέων ἠσθένησε· πάλιν ῥᾴσας οὐκ ἐπὶ τὸ ῥᾳθυμεῖν ἀπέκλινεν, ἀλλ᾽ εὐθὺς Ὀλυνθίοις ἐπεχείρησεν. τὰς δ᾽ ἐπ᾽ Ἰλλυριοὺς καὶ Παίονας αὐτοῦ καὶ πρὸς Ἀρύββαν[2] καὶ ὅποι τις ἂν εἴποι παραλείπω στρατείας. | Danach nahm er Pherai, Pagasai, Magnesia ein, und nachdem er alles so, wie er wollte, eingerichtet hatte, ging er nach Thrakien. Dann, als er dort die einen der Könige vertrieben, die anderen fest eingesetzt hatte, wurde er krank. Wieder genesen, ruhte er nicht, um sich zu erholen, sondern bedrängte sofort die Olynthier. Seine ^Feldzüge^ gegen die Illyrier und Paioner, zu Arabbas und wohin auch immer, wie sie einer nennen möchte, übergehe ich °°. |
[14] τί οὖν, ἄν τις εἴποι, ταῦτα λέγεις ἡμῖν νῦν; ἵνα γνῶτ᾽, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, καὶ αἴσθησθ᾽ ἀμφότερα, καὶ τὸ[3] προΐεσθαι καθ᾽ ἕκαστον ἀεί τι τῶν πραγμάτων ὡς ἀλυσιτελές, καὶ τὴν[4] φιλοπραγμοσύνην ᾗ χρῆται καὶ συζῇ Φίλιππος, ὑφ᾽ ἧς οὐκ ἔστιν ὅπως[5] ἀγαπήσας τοῖς πεπραγμένοις ἡσυχίαν σχήσει. εἰ δ᾽ ὁ μὲν ὡς ἀεί τι μεῖζον τῶν ὑπαρχόντων δεῖ πράττειν ἐγνωκὼς ἔσται[6], ἡμεῖς δ᾽ ὡς οὐδενὸς ἀντιληπτέον ἐρρωμένως τῶν πραγμάτων, σκοπεῖσθ᾽ εἰς τί ποτ᾽ ἐλπὶς[7] ταῦτα τελευτῆσαι. | Warum denn, könnte jemand sagen, erzählst du uns das jetzt? Damit ihr beides erkennt, Athener, und wahrnehmt, durch den es nicht möglich ist, dass er sich jemals mit dem Erreichten begnügen und Ruhe geben wird. Wenn aber der so eingestellt sein wird, dass er immer etwas mehr als das Vorhandene tun muss, schaut euch an, wohin dies voraussichtlich einmal führt. |
[15] πρὸς θεῶν, τίς οὕτως εὐήθης ἐστὶν ὑμῶν ὅστις ἀγνοεῖ τὸν ἐκεῖθεν πόλεμον δεῦρ᾽ ἥξοντα, ἂν ἀμελήσωμεν; ἀλλὰ μήν, εἰ τοῦτο γενήσεται, δέδοικ᾽, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, μὴ τὸν αὐτὸν τρόπον ὥσπερ οἱ δανειζόμενοι ῥᾳδίως ἐπὶ[8] τοῖς μεγάλοις τόκοις μικρὸν εὐπορήσαντες χρόνον ὕστερον καὶ τῶν ἀρχαίων ἀπέστησαν[9], οὕτω καὶ ἡμεῖς ἂν ἐπὶ πολλῷ φανῶμεν ἐρρᾳθυμηκότες, καὶ ἅπαντα πρὸς ἡδονὴν ζητοῦντες
καὶ κινδυνεύσωμεν περὶ τῶν ἐν αὐτῇ τῇ χώρᾳ. | Bei den Göttern, wer von euch ist so naiv, dass er (der) nicht erkennt, dass der von dort <kommende> Krieg hierher kommen wird, wenn wir achtlos sind. Aber freilich, wenn das so sein wird, fürchte ich, Athener, dass auf dieselbe Weise, wie diejenigen, die leichtfertig bei hohen Zinsen <Geld> borgen, eine kurze Zeit gut versorgt sind, aber später auch das Kapital verlieren, <dass> so auch wir, bei hohen Kosten wohl leichtsinnig gewesen zu sein scheinen, und für die Angelegenheiten im Lande selbst in Gefahr geraten. |
[16] τὸ μὲν οὖν ἐπιτιμᾶν ἴσως φήσαι τις ἂν ῥᾴδιον καὶ παντὸς εἶναι, τὸ δ᾽ ὑπὲρ τῶν παρόντων ὅ τι δεῖ πράττειν ἀποφαίνεσθαι, τοῦτ᾽ εἶναι συμβούλου. ἐγὼ δ᾽ οὐκ ἀγνοῶ μέν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, τοῦθ᾽ ὅτι πολλάκις ὑμεῖς οὐ τοὺς αἰτίους, ἀλλὰ τοὺς ὑστάτους περὶ τῶν πραγμάτων εἰπόντας ἐν ὀργῇ ποιεῖσθε, ἄν τι μὴ κατὰ γνώμην ἐκβῇ· οὐ μὴν οἶμαι δεῖν τὴν ἰδίαν ἀσφάλειαν σκοποῦνθ᾽ ὑποστείλασθαι περὶ ὧν ὑμῖν συμφέρειν ἡγοῦμαι. | Zu tadeln nun, könnte man wohl sagen, sei leicht und jedermanns Sache, das aber zur gegenwärtigen Lage, was man tun muss, zu klären, das sei Sache eines Ratgebers. Und ich verkenne das allerdings nicht, Athener, dass ihr oft nicht über die Schuldigen, sondern über die, die als letzte über die Angelegenheiten gesprochen haben, in Zorn geratet, wenn etwas gegen eure Erwartung ausgeht. Freilich meine ich nicht, mit Blick auf die eigene Sicherheit zurückhaltend sein zu müssen über das, was euch meiner Meinung nach nützt. |
[17] φημὶ δὴ διχῇ βοηθητέον εἶναι τοῖς πράγμασιν ὑμῖν[10], τῷ τε τὰς πόλεις τοῖς Ὀλυνθίοις σῴζειν καὶ τοὺς τοῦτο ποιήσοντας στρατιώτας ἐκπέμπειν, καὶ τῷ τὴν ἐκείνου χώραν κακῶς ποιεῖν καὶ τριήρεσι καὶ στρατιώταις ἑτέροις· | Ich sage also, dass ihr der Lage in doppelter Weise beikommen müsst, sowohl durch die Rettung der Städte für die Olynthier als auch durch die Schädigung des Landes jenes Mannes und zwar durch Trieren und andere Soldaten. |
Was uns besonders beschäftigte:
- [13 Anfang] Wie sind die Städtenamen im Akk. syntaktisch einzuordnen?
- εὐτρεπίζω kann nach Stowasser in der Tat (natürlich!) AO bei sich haben und erhält dort die Wortgleichungen „einrichten, wiederherstellen“. Für meine Wortgleichung „Erfolg haben“ habe ich nirgends eine Bestätigung gefunden. Also weg damit.
- Im Liddell-Scott steht entsprechend die Wortgleichung „make ready“. Und unsere Stelle wird mit πάντα εὐτρεπίζω genannt. Da wird πάντα also als AO verstanden.
- So sehen es auch die Übersetzer:
Ludwig Döderlein (1848) (auch bei Gottwein): darauf, als er in Pherai alles nach seinem Sinn geordnet hatte,…
Wolfhart Unte (1985, Reclam): Hierauf richtete er in Pherai, Pagasai, Magnesia … alles nach seinem Gutdünken ein; … - Sie übersetzen den Akk. der Städtenamen wird hier mit „in“, fassen ihn also wohl als Akk.Graecus auf, was ich sehr gewagt finde.
- Der Akk. der Städtenamen kann aber nicht (wie Holger meinte) von εὐτρεπίσας abhängen, denn da steht schon πάντα.
- Also bleibe ich mit Paul Hohnen (Aschendorff 71985) dabei, zu den Städtenamen im Akk. λαβών zu ergänzen.
- Für εὐήθης hat Gemoll die schöne dt. Wortreihe: „gutmütig, einfältig, albern“, ganz wie bei „Hans im Glück“.
Und bei Liddle-Scott steht: „good-hearted, simple-minded“. - Zur geographischen Kenntnis und Orientierung der Athener:
- Jeder Vollbürger war als Ephebe 2 Jahre im Militärdienst und daher auch vielfach mit den Heeren und Trieren unterwegs.
- Die Rechenschaftsberichte der Strategen enthielten die textliche Darstellung ihrer Routen.
In diese Reihe ordnet sich auch Xenophons Anabasis über den Zug der 10.000 bis ins Zweistromland. - Ebenso berichteten im privaten und geschäftlichen Bereich die Handelsschiffer.
Um 320 vor Chr. berichtet Pytheas von Massalia von seiner Nordfahrt und Vermessung der Küste der britischen Inseln und der erstaunlich genauen Meesung der Luftlinien-Entfernung von dort nach Massalia (Marseille). - Volksversammlungen über die Außenpolitik und die Verträge mit den hellenischen Städten gab es regelmäßig.
- Über Landkarten auf Stein oder Keramik habe ich noch nichts gefunden. Vielleicht schaut auch ihr einmal nach.
- Zu [16] Dass Demosthenes‘ Hinweis auf die Unzulänglichkeit des Abstimmungsverhaltens in der Ekklesia seine Berechtigung hat, wissen wir aus Xenophons Darstellung des Arginusen-Prozesses in p11.
Zur Argumentationsstruktur:
Man verliert den Gedankengang wegen der vielen scheinbaren Wiederholungen leicht aus den Augen. Daher lohnt sich die Betrachtung, wie die Rede sich von einer Argumentationsreihe zur nächsten entwickelt. Ich habe daher eine Zusammenfassung des bisher übersetzten versucht:
- [13 Anfang] Wie sind die Städtenamen im Akk. syntaktisch einzuordnen?
[1] Die Athener sollen vor einer Entscheidung alle Ratschläge bereitwillig anhören. (Captatio benevolentiae)
Der καιρός fordert von Athen, sich auf Krieg und Kriegskosten einzustellen:
[2] Demosthenes‘ Rat: Athenische Truppen und Gesandte nach Olynth schicken.
[3] Der verschlagene und zupackende Philipp
[4] … der als Alleinherrscher überall sein muss, kann aber Olynth nicht durch Verhandlungen gewinnen.
[5] Denn die Olynthier fürchten die Zerstörung der Stadt und trauen ihm nicht (Beipiele Amphipolis, Pydna).
[6] Also müssen die Athener sich jetzt auf Unterstützung Olynths mit Krieg und Kriegskosten einstellen.
Die Gunst der Götter emöglicht Athen, seine alten Fehler auszubügeln:
[7] Nochmals der καιρός: Die Olynther sind jetzt sichere Bundesgenossen.
[8] Aus Untätigkeit verlor Athen 357 Amphipolis …
[9] und andere Städte, was Philipp groß gemacht hat. Jetzt aber ist der καιρός gekommen.
[10] Ein δίκαιος λογιστής wäre den Göttern für die neue gebotene Chance dankbar.
[11] Wie der bankrotte Verschwender vergessen auch die untätigen Politiker den Dank an die Götter für die anfangs gute Lage.
Aber die Götter gaben Athen noch eine Chance, seinen Ruf der Untätigkeit abzuschütteln.
Während Philipp erfolgreich heranrückt, verspielt Athen sein Kapital.
[12] Wenn die Athener nicht handeln, wie der tatkräftige Philipp handeln würde, wird er bald gegen Athen vorrücken.
[13] Nach all den siegreichen Feldzügen (Aufzählung Städte) und nach seiner Krankheit greift Philipp nun Olynth an.
[14] Philipp wird bei allen Erfolgen nie mit dem Erreichten zufrieden sein und Ruhe geben..
[15] Athen wird es ergehen wie den verarmten Schuldnern und es wird am Ende Not leiden.
Heere auszurüsten und Finanzen dafür einzusetzen ist nötig.
[16] Demosthenes will seine Meinung ohne Furcht vor dem Demos äußern.
[17] Demosthenes Rat: 1.) Ein Heer zur Unterstützung Olynths und eines zum Angriff auf Makedonien aussenden.
[
Nächster Termin: Sonntag, 31.07.2022, 10:00 Uhr
Vorbereitung dazu:
pDem1.18-28_Vokabeln lernen. Darunter sind viele Wiederholungen.
pDem1.18-28_Text bitte nur so weit übersetzen, wie Ihr mögt. Wir werden wohl zwei Sitzungen dazu brauchen.
[1] Φεράς, Παγασάς, Μαγνησίαν, πάντα erg. aus dem vorherigen Satz λαβών
[3] Ordne: ὡς ἀλυσιτελές καθ᾽ ἕκαστον (=jedesmal) <ἐστι> τὸ προΐεσθαι ἀεί τι τῶν πραγμάτων
[4] Lies: ᾗ φιλοπραγμαςύνῃ χρῆται καὶ συζῇ Φίλιππος
[5] ὅπως indefinites ὡς „dass jemals“
[6] ἐγνωκώς ἐστι „er hat sich verstanden zu – er hat die Einstellung – er ist so eingestellt“
[7] ἐλπίς erg. ἐστι „es ist vorauszusehen“ – syntaktisch ein AcI im Relativ-/indir.Fragesatz.
[8] ἐπί τινι „unter der Bedingung von etwas“
[9] ἀπέστησαν gnom. Aorist
[10] ὑμῖν Dat.auct.
